Storytelling – keine Märchen bitte!

Storytelling – keine Märchen bitte!

Storytelling war ein Marketing-Gag

StorytellingStorytelling – das ist ein Begriff, der vor etwa zwanzig Jahren die Marketingabteilungen wie eine Flutwelle überrollte. Die Werbefachleute reflektierten beim Storytelling die alten Zeiten, als die Menschen an Lagerfeuern saßen und sich Geschichten erzählten, als Kinder zuhörten, was Erwachsene zu erzählen hatten. Als man den Helden, die von der Jagd zurückkehrten, an den Lippen hing. Weil sie ihre Abenteuer so anschaulich auskleideten und Gefahren beschworen, denen sie entronnen waren, dass sie fortan als Vorbilder dienten.

Storytelling als Allheilmittel?

Könnte man das nicht auf Werbung und PR übertragen? Der Begriff Storytelling war geboren und diente vielen Nachahmern als Allheilmittel. Doch oft kam nur ein Mindestmaß an Spannung dabei heraus oder es wurden sogar ausschweifende Absurditäten konstruiert. Firmenchefs wurden plötzlich zum Messias, Berater zu Wunderheilern. Bei Konsumenten, Fans und Alltagsmenschen kam das in der Folge häufig nicht gut an, weil man eine schlecht erzählte Geschichte entlarvt und schlimmstenfalls als unglaubwürdiges Märchen verlacht. Sowas ist Politikern und leitenden Persönlichkeiten reihenweise passiert. Die Peinlichkeiten und der Hohn waren in einem solchen Fall kaum zu überbieten.

Eine Story erzählen reicht nicht

Das ist die deutsche Übersetzung von Storytelling. Aber: die Übersetzung hinkt, denn eine Geschichte ist nicht gleichzusetzen mit einer Story. Eine Story ist in der englischen Literaturwissenschaft eine bloße Abfolge von Ereignissen, also ohne direkten Zusammenhang. Eine Geschichte aber ist mehr, sie ist ein Gebilde aus übereinander gestapelten Schichten, Ge’schichte‘ halt, die miteinander fest verknüpft sein müssen. Ansonsten fällt dieses Gebilde auseinander. Es muss also ein belastbares Schichtengebäude entstehen, das Zusammenhänge klar macht, dass dadurch einen Ablauf ohne Lücken bildet. Einen Fluss, der sich in den Köpfen der Menschen verwurzeln kann. Ich nenne das Story Raising. Denn Raising steht für errichten, steigern und erhöhen. Story Raising ist also als Steigerung des schlichten Story Telling zu verstehen. Und das Raising hat es in sich!

Story Raising heißt der Plan

Menschen werden nur zu glaubwürdigen Helden, wenn sie einen tiefen Fall hinter sich haben, der die Emotionen der Betrachter oder Zuhörer fesselt und mitbangen lässt. Die wahren Abenteurer gehen durch die Hölle, bevor sie strahlend die Himmelsleiter ersteigen. Ein Mensch, der angeblich nur Glück hatte im Leben und alles lässig durchzieht, dem glaubt man seine Geschichte kaum. Es muss eine Prüfung her, ein Versagen, ein Verlust oder ein Sturz. Erst das Wiederaufstehen macht erfolgreiche Menschen glaubhaft und sympathisch. Doch hier ist es ratsam, das richtige Maß zu finden. Man muss die Geschichte aufbauen und erblühen lassen. Das ist die Kunst. Story Raising ist daher ein Knowhow, das mit Dramaturgie, Menschenkenntnis und Schreibtechnik einher geht und über Storytelling weit hinaus geht. Diese unentbehrlichen Fähigkeiten sind unerlässlich, um eine Geschichte zu errichten.

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